Russisch

Bedeutung, Struktur

Die russische Sprache gehört neben Weißrussisch und Ukrainisch zum östlichen Zweig der slawischen Sprachen. Sie wird von etwa 100 Millionen Menschen auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR gesprochen.
Einstmals die Lingua franca des Russischen Reiches und der Sowjetunion, wird sie heute immer noch als zweite Sprache auch in den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken verwendet. Es gibt drei Dialektgruppen des Russischen: Nordrussisch, Südrussisch und Mittelrussisch, wobei Mittelrussisch eine Übergangsgruppe zwischen Nordrussisch und Südrussisch ist. Hochrussisch basiert auf dem in Moskau gesprochenen Mittelrussisch.

Die russische Sprache wird im kyrillischen Alphabet geschrieben. Die Rechtschreibung folgt im Wesentlichen der Aussprache, die Ausspracheregeln sind einfach und nicht sehr zahlreich.

Im Russischen gibt es weder unbestimmte noch bestimmte Artikel. Es gibt drei grammatische Geschlechter (Maskulinum, Femininum und Neutrum) und sechs Fälle (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Instrumentalis und Präpositiv). Im Numerus unterscheidet man Singular (Einzahl) und Plural (Mehrzahl). Adjektive stimmen in Genus, Kasus und Numerus mit den Substantiven überein. Das Verb kommt in den Tempora Präsens, Präteritum und Futur vor.

Aufgrund des ausgeprägten Flexionssystems – ähnlich dem Lateinischen - ist die Wortstellung im Russischen (naturgemäß!) relativ frei. Der russische Wortschatz zeichnet sich durch große Wortfamilien aus, die mittels verschiedener Vorsilben und Endungen aus demselben Stamm abgeleitet werden.

Geschichte der russischen Sprache

Bis zum 14. Jahrhundert wird das Altostslawische als gemeinsame Grundlage für das Russische, Ukrainische und Weißrussische angenommen. Die ersten schriftlichen Zeugnisse in russischer Sprache gehen auf das Ende des 10. Jahrhunderts zurück, nachdem die slawischen Völker zum Christentum übergetreten waren. Als Literatursprache wurde das Altkirchenslawische (auch Altbulgarisch oder Altslawisch) verwendet, das die Missionare ins Land gebracht hatten, und das den Ostslawen unmittelbar verständlich war.

Im Laufe der Zeit wuchsen jedoch die Unterschiede zwischen der gesprochenen altrussischen und der geschriebenen Sprache, da die gesprochene Sprache einige Vereinfachungen auf phonologischer (lautlicher) und morphologischer (in der Wortbildung) Ebene durchlief. Altkirchenslawisch wurde bis Ende des 17. Jahrhunderts als Literatursprache verwendet. Nur in Verwaltungs- und Gerichtsschriften war die Schriftsprache vollkommen frei von altkirchenslawischen Einflüssen.

Die Verweltlichung und Verwestlichung der Kultur in der Regierungszeit Peters des Großen im 18. Jahrhundert (die so genannte „Europäisierung Russlands”) verursachte einschneidende Veränderungen im Bereich der Sprache. Die alte Schriftsprache, sowohl das liturgische Altkirchenslawisch als auch die weltliche Verwaltungssprache, war nicht in der Lage, die vielen wissenschaftlichen, technischen, kulturellen und politischen Vorstellungen zu transportieren, die ins Land kamen.

Nach der Reformierung des russischen Schriftsystems durch Peter den Großen schwand der Einfluß des Griechischen, Polnischen und Kirchenslawischen auf die russische Sprache. Im Jahr 1708 wurde das erste Buch in der neuen russischen Schrift gedruckt. Das Russische weist seit dem 18. Jahrhundert viele Lehnwörter aus dem Niederländischen, Deutschen, Französischen, Englischen und Italienischen auf. Viele Vertreter der russischen Oberschicht orientierten sich an westlicher, vor allem französischer Kultur. Daneben entwickelte sich eine Schriftsprache, die eine regelrechte Stilmischung aus dem Altkirchenslawisch, der Umgangssprache und kürzlich entlehnten, westlichen Sprachelementen war.

Erste Versuche, die Trennung zwischen den unterschiedlichen Sprachformen zu überwinden, unternahm Nikolaj M. Karamsin Ende des 18. Jahrhunderts. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich mit dem Werk Aleksandr S. Puschkins eine Literatursprache, die als einheitliche Norm der russischen Schriftsprache anerkannt wurde, und die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den gegenwärtigen Entwicklungsstand erreichte.

Quelle: MS Encarta

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