Vor- und Frühgeschichte

Die Geschichte und die Entwicklung einer Sprache lassen sich nicht ohne einen Bezug zur Geschichte ihrer Sprecher darstellen. Daher zunächst ein kurzer Überblick der Vor- und Frühgeschichte Griechenlands:

Steinzeit (Neolithikum)

Die ältesten Spuren menschlicher Besiedlung lassen sich etwa um 6.500 v.Chr. nachweisen. Es finden sich Nachweise von Landwirtschaft (Pflanzenanbau) und Viehhaltung (Überreste domestizierter Schafe und Ziegen).

Sie zeugen von einer zunehmende Seßhaftigkeit und Aufgabe des Nomadentums. Es entstehen Siedlungen mit stadtähnlichem Charakter. Die Arbeitsleistungen werden zunehmend differenziert und spezialisiert erbracht (Hausbau, Herstellung von Steinwerkzeug und Keramik, usw.). Der Austausch von Waren (Handel) findet über weite Strecken hinweg statt (Obsidian aus Melos wurde noch 500 km entfernt gefunden).

Bronzezeit (ab 2800 v.Chr.)

Die Bronzezeit wird in Griechenland als Helladikum, in Kreta als Minoikum bezeichnet.

Mit dem neuen Metall (d.h. der im Verhältnis zum reinen Kupfer wesentlich härtere Legierung Bronze) kommen neue Technologien auf, so daß die Entwicklung nicht mehr allein auf Ackerbau und Viehwirtschaft beruht. Die Verwendung der Bronze bringt die Kulturentwicklung in allen Bereichen einen wesentlichen Schritt voran. Sie erlaubt vor allem eine Intensivierung der Landwirtschaft und führt damit zu einer deutlichen Bevölkerungszunahme.

Geschichtliche Einteilung:

1. Frühhelladikum (2800-2000)

Die Bewohner der Balkanhalbinsel waren damals noch keine Griechen (nicht einmal Indogermanen). Sie waren wahrscheinlich in vorgeschichtlicher Zeit aus Anatolien in die Peloponnes eingewandert waren. Die Griechen nannten sie später “Autochthonen” (Pelasger, Karer, Kaukonen). Bereits die ältesten Schriftsteller der griechischen Antike hatten von ihnen nur noch sehr ungenaue Vorstellungen

Das Frühhelladikum findet durch die indogermanischen Einwanderungen um 2000 sein Ende. In sprachlicher Hinsicht haben die Bewohner dieser Epoche ihre Spuren in verschiedenen griechischen Dialekten hinterlassen (sog. “Mediterranes Substrat”).

2. Mittelhelladikum (2000-1580)

Die um 2000 einwandernden Indogermanen, mit deren Erscheinen das Mittelhelladikum einsetzt, waren die “ersten Griechen”, wahrscheinlich Ionier. Da sie kulturell zunächst rückständig waren, bedeutete ihr Erscheinen eine Zäsur in der Entwicklung.

Ihr Siedlungsschwerpunkt ist die Argolis, also das Zentrum der Peloponnes. Ihre Siedlungen gruppieren sich jeweils um eine Königsburg, wie z.B. Mykene, Tiryns, Pylos, Aigina, Epidauros.

Bezeichnend für die neuen Einwanderer (überhaupt für die Indogermanen) ist die Verwendung des Pferdes. Aufgrund der neuen geographischen Gegebenheiten erwächst das Interesse der Indogermanen für die Seefahrt.


Diese “ersten Griechen” werden um 1580 durch die Welle der nachrückenden Achaier und Aitoler aus ihren Sitzen nach Süden verdrängt. Es sind ebenfalls Griechen, aber jeweils andere (auch nach ihrem Sprachidiom verschiedene) Stämme.

Damit beginnt das Späthelladikum bzw. die mykenische Epoche, die bis ca. 1200 Bestand haben wird.

3. Späthelladikum (1580-1075)

Die “Mykenische Kultur” (H. Schliemann), die in enger Verbindung mit der “Minoischen Kultur” (Arthur Evans) auf Kreta stand, ist die Zeit der mykenischen (und minoischen) Paläste.

Die gesellschaftliche Organisation dieser Epoche erfolgte um einzelne stark befestigte Machtzentren (befestigte Paläste).Diese konzentrieren sich ebenfalls in der Argolis. Zu Mykene und Tiryns kommen kleinere Paläste in Argos, Prosymna, Midea, Nauplia und Asine hinzu.

Wichtige Ereignisse dieser Zeit:

a) 1425-1340: Die Mykener beerben die minoische Kultur. Intensivierung der Seefahrt.
b) 1340-1210: Höhepunkt der mykenischen Kultur. Als Folge der intensiveren Seefahrt erfolgt die Gründung erster Kolonien Vorkolonisation der Achaier in Kleinasien (Milet, Rhodos, Zypern) und auf Sizilien. Die Achaier werden sogar in hethitischen Texten erwähnt (hethitisch: Ahhijawa = griech. Achaioi = deutsch Achäer).
c) 1210-1100: Nach der Berechnung des griech. Historikers Eratosthenes beginnt im Jahr 1184 der Troianische Krieg.
Die Kenntnisse und Annahmen über diese Epoche beruhen auf den Homerischen Epen, späteren antiken Historikern, den archäologischen Funden und besonders auf den Tontäfelchen mit Linear B.

Das Ende der mykenischen Palastkultur dürfte von inneren sozialen Unruhen (im Zusammenhang mit dem Trojanischen Krieg) ausgelöst worden sein; das Ende bereitete ihr schließlich die Dorische Wanderung,

4. Völkerwanderungen

Generell ist das 2. Jahrtausend durch eine große Nord-Südwanderung gekennzeichnet.. Am Anfang des Jahrtausends wanderten die Achäer (die ersten Griechen) von Norden her auf die Balkanhalbinsel ein und begründeten dort die mykenische Kultur.

Die Achaier oder Achäer waren ein vor- bzw. frühgriechischer Volksstamm. Ursprünglich lebten sie in Thessalien. Durch die Dorische Wanderung wurden sie in die nach ihnen benannte Landschaft Achaia im Nordwesten der Peleponnes verdrängt.

In Homers Epen steht die Bezeichnung neben Danaer für die Griechen insgesamt.

Die Achaier waren später auch namensgebend für den Achaiischen Bund, einem gegen Makedoniens Expansion ausgerichteten Städtebund (280 – 146 v. Chr.). Der Achaiische Bund beherrschte zeitweilig fast die ganze Peleponnes, bis er schließlich um 146 v. Chr. vom Römischen Reich erobert wurde.

Die letzten und für die weitere Entwicklung besonders wichtigen Wanderungsschübe setzen gegen Ende des 2. Jahrtausends (1200-1000 v.Chr.) mit der Einwanderung indogermanischer Stämme von Nordwesten her ein (Ägäische Wanderung).

Die in mehreren Schüben eindringenden griechisch-sprachigen Stämme brachten ihre jeweiligen Dialekte mit, was eine Zersplitterung der griechischen Sprache zur Folge hatte. Die sprachliche Unterscheidung der verschiedenen Dialekte decken sich mit den historischen Vorgängen:

  • Illyrische Wanderung (ca. 1200 v.Chr.
  • Äolische Wanderung (ca. 1200-1000)
  • Dorische Wanderung (ca. 1200-1000)
  • Ionische Wanderung (ca. 1100-800)

    Sie lösten weitere Wanderungen der ihnen ausweichenden Stämme in andere Gebiete Europas, Asiens und Afrikas aus, die weitreichende weltgeschichtliche Folgen hatten:

  • Illyrer auf die Balkaninsel. Sie waren einer der Auslöser der Dorischen Wanderung und führten zur Zerstörung der achaiischen *(mykenischen) Palastkultur*
  • Phryger nach Kleinasien, was zum Ende des Hethiterreiches führte
  • Philister nach Palästina
  • Seevölker nach Ägypten

    Die Dialekte im Einzelnen

    Bei den verschiedenen Wanderungsbewegungen nehmen die Menschen ihre Sprache mit. So kommt es zu einer Zersplitterung der Sprachenlandschaft. Um das Jahr 1.000 v.Chr. lassen sich anhand der Inschriften in Griechenland selbst, der Ägäis und den Kolonien bis zu 30 Dialektregionen unterscheiden.

    Diese gliedern sich auf Grund gegenseitiger Gemeinsamkeiten in die bekannten 4 übergeordneten Dialektgruppen

  • Dorisch-Westgriechisch
  • Arkadisch-Kyprisch
  • Ionisch-Attisch
  • Äolisch

    So weit der (grobe) Überblick über die geschichtliche Situation im östlichen Mittelmerraum im 2. vorchristlichen Jahrtausend.