Minderheitensprachen

Die Gründe für die Existenz verschiedener Sprachen innerhalb einer Gemeinschaft können vielfältig sein. – Die Wichtigsten sind:

  • Einwanderer, die innerhalb der neuen Heimat ihre ursprünglichen Sprachen weiterhin benutzen
  • Gastarbeiter, die ihre Muttersprache weiter verwenden
  • Eroberungen und sonstige Ausweitungen des Staatsgebietes aufgrund kriegerischer Ereignisse
  • freiwillige Verbindungen und Anschlüsse
  • (insbes. zur Zeit der Habsburger: “Laß andere Kriege führen. Du, glückliches Österreich, heirate!”)
  • Aufnahme ehemaliger Kolonien in das Mutterland, wie bspw. die 4 Übersee-Départements Frankreichs (Französisch-Guatemala, Martinique, Guadelpupe und Réunion) im Jahr 1946, die rechtlich, politisch und wirtschaftlich ein Teil Frankreichs sind und z.B. Abgeordnete in das französische Parlament entsenden.

Es gibt (und gab) kaum ein Land, in dem nicht verschiedene Sprachen nebeneinander leben.
Nachstehend einige Beispiele in alphabetischer Reihenfolge (bzw. durch Klicken der Maus auf die Europakarte)

Belgien

Quer durch Belgien verläuft eine kulturelle und sprachliche Trennlinie:
Im Norden leben die Flamen, (Nachkommen der Franken), die Holländisch sprechen, und
im Süden die Wallonen (Nachkommen romanisierter Kelten), die Französisch sprechen. – Daneben wird in einem schmalen östlichen Randstreifen zu Deutschland deutsch gesprachen.- Seit 1963 sind diese 3 Sprachen in Belgien Amtssprachen.

Deutschland

Minderheitssprachen in Deutschland sind Dänisch und Friesisch (in Nordfriesland) sowie Sorbisch (in Ostsachsen), eine slawische Sprache mit noch ca. 60.000 Sprechern in Deutschland, die natürlich durchweg zweisprachig sind.
Daneben gibt es in Deutschland (wie in fast allen hochentwickelten Staaten) ein Vielzahl von Gastarbeitern (Türkisch, Italienisch, Spanisch. u.a.)

Finnland

Etwa 7 % der Bevölkerung besitzen die schwedische Muttersprache. Schwedisch ist neben Finnisch Amtssprache

Frankreich

In Frankreich gibt es eine Reihe angestammter Minderheitensprachen:
Neben Französisch werden gesprochen: – 5 weitere romanische Sprache: Okzitanisch im Languedoc, Provenzalisch in der Provence,

Katalanisch in den Pyrenäen, Korsisch auf Korsika, Italienisch, – 2 germanische Varietäten (Elsässisch, Flämisch), – eine keltische Sprache (Bretonisch in der Bretagne), – eine vor-indoeuropäische Sprache (Baskisch in den Pyrenäen) – und viele weitere Dialekte. – Hinzu kommen Sprachen von Immigranten (Arabisch, Vietnamesisch etc.)

Großbritannien

Aufgrund des gewaltigen Zustroms von Einwanderern in den sechziger Jahren werden heute in Großbritannien über 100 verschiedene Sprachen ethnischer Minderheiten gesprochen.
Die unter den Einwanderern am weitesten verbreiteten Sprachen sind vermutlich: Pandschabi (= Punjabi), Bengali, Urdu , Gujarati (Herkunftsgegend der 4 vorgenannten Sprachen: Raum Pakistan/Indien/Bangladesh), Deutsch, Polnisch, Italienisch, Griechisch, Spanisch und Kantonesisch.

Jugoslawische Sprachen

Serbokroatisch, Slowenisch und Makedonisch sind Amtssprachen, jedoch wird auch den anderen Sprachen (z.B. Albanisch, Ungarisch) ein gewisses Maß an Autonomie eingeräumt.

Malta

Das Maltesische ist ein Abkömmling des Arabischen und (aufgrund der geographischen Lage Maltas) stark vom Italienischen beeinflußt. Es ist Amtssprache, wird jedoch kaum geschrieben. Im Alltag und im Fernsehen dominiert Italienisch und Englisch. Das Maltesische wird als Symbol der maltesischen Identität hoch geschätzt.

Niederlande

Im Küstenbereich hat die friesische Sprache nach wie vor eine gewisse Bedeutung. Sie ist in den Niederlanden ofiziell anerkannt und besitzt ihre eigene Akademie. Friesisch wird vor allem in Friesland an Schulen und Gerichten verwendet, jedoch unter dem Einfluß des Niederländischen immer seltener gebraucht.-
Die Minderheiten bestehen hauptsächlich (entsprechend den früheren niederländischen Kolonien) aus über 1 Million Surinamesen, Indonesiern und Molukkern, sowie einer beträchtlichen Anzahl von Gastarbeitern.

Rumänien

In Rumänien gibt es eine Vielzahl von Minderheitensprachen. Hierzu zählen Ungarisch (1,5 Mio. Sprecher), Deutsch, Ukrainisch, Romani, Russisch, Serbokroatisch, Jiddisch, Tatarisch, Slowakisch, Türkisch, Bulgarisch und Tschechisch.
Die größeren Sprachgemeinschaften sind in den Medien vertreten, sie haben einen gewissen offiziellen Status.

Schweden

Bis in die 30er Jahre war Schweden ethisch homogen, doch in und nach dem 2. Weltkrieg strömten viele Flüchtlinge in das Land. Sie kamen zum größten Teil aus Finnland, aber auch aus Italien, Österreich, Ungarn, Deutschland, Griechenland und Jugoslawien.
Seit 1967 gibt es Einwanderungsbeschränkungen, aber es gibt immer noch ungefähr eine Million Menschen nicht-schwedischer Abstammung – etwa 10 % der Bevölkerung.
Schweden befolgt eine vorbildlich liberale Sprachpolitik.So wird die Zweisprachigkeit aktiv unterstützt. Ausländische Kinder können bspw. einen Teil ihrer Schulzeit auf Wunsch in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. Derzeit werden Schüler in 60 verschiedenen Srachen unterrichtet.

Schweiz

Fast 70 % der Schweizer sprechen Deutsch, knapp 20 % Französisch und rund 10 % Italienisch (zum größten Teil im Tessin). Dazu kommt Rätoromanisch im Kanton Graubünden mit ca. 50.000 Sprechern, die unter dem Einfluß des Deutschen jedoch rapide abnehmen..

Spanien

Angestammte Minderheitensprachen in Spanien sind: Katalanisch (Verbreitung: Küstengebiet um Barcelona), Baskisch (Gebiet südlich von Biarritz) und Galizisch (nördlich von Portugal)
Die Minderheitensprachen Baskisch und Katalanisch wurden lange unterdrückt. Insbesondere das Baskische wurde zur Zeit des Franco-Regimes systematisch zurückgedrängt. Es durfte weder in der Kirche noch in den Medien benutzt werden, Namen mußten ins Spanische übersetzt, Inschriften von Gebäuden und sogar von Grabsteinen entfernt werden. Heute ist das Baskische wieder als Amtssprache anerkannt.