Das älteste deutsche Buch

INCIPIUNT CLOSAS EX VETERE TESTAMENTO

Das älteste erhalten gebliebene deutsche Buch war ein lateinisch-deutsches Wörterverzeichnis namens „Abrogans“. Dieses Wort ist der erste Eintrag in dem Buch, das mit den Worten beginnt:  abrogans . .  dheomodi („demütig“).

Die Vorlage für das Buch war ein lateinisches Synonymenlexikon, das in Italien entstanden war, um seltenere lateinische Wörter der Bibel durch gängigere, ebenfalls lateinische Ausdrücke zu erläutern. Die Mönche fügten jeweils sowohl für das lateinische Stichwort als auch für dessen lateinische synonyme althochdeutsche Entsprechungen hinzu.

Da für dessen Feinheiten oft noch gar keine deutschen Wörter existierten, mußten notdürftige Umschreibungen herhalten, häufig auch erst geschaffen werden.

Der Name des Buches (Abrogans) folgt somit dem gleichen Schema wie der Name unseres Alphabets, das auch die beiden ersten (ursprünglichen) Begriffe enthält (Alpha, Beta = Alphabet).

Das bayerische Original des Abrogans war wahrscheinlich um 760 n.Chr. im Kloster Freising entstanden und existiert nicht mehr. Erhalten sind 3 alemannische Abschriften aus dem 8. und 9. Jahrhundert, die heute in St. Gallen, Karlsruhe und Paris aufbewahrt werden. Die vollständige Handschrift aus St. Gallen ist hier veröffentlicht.

Die ersten Spuren deutscher Schriftsprache sind sogar noch etwas älter als der Abrogans. Sie finden sich in lateinischen Handschriften, bei denen Mönche deutsche Wörter als Über­setzungshilfen an den Rand oder zwischen die Zeilen geschrieben hatten. Etwa 2/3 des althochdeutschen Wortschatzes sind uns durch solche „Glossen“ überliefert worden.