Lautwandel
Sprachen sind ständig im Wandel. Dies gilt für sämtliche Aspekte, wie Grammatik (Sprachstruktur), Sprachgebrauch, Semantik (Bedeutung der Wörter), usw.
Am auffälligsten und häufigsten sind Veränderungen beim Wortschatz (Näheres hier) und bei der Aussprache
Bereits im 19. Jahrhundert erkannte man offenkundige systematische Zusammenhänge zwischen den Lauten verwandter Sprachen – sog. „Lautverschiebungen“. Weitere Untersuchungen ergaben, daß diese Verschiebungen aufgrund ihres regelmäßigen Charakters durchaus mit „Lautgesetzen“ gleichzusetzen sind.
Das erste und berühmteste dieser Gesetze (1. Lautgesetz) wurde 1822 von Jacob Grimm in seiner Deutschen Grammatik formuliert., der dänische Sprachwissenschaftler Verner konnte scheinbare Ausnahmen („Vernersche Gesetz“) von diesen Regeln erklären Näheres hier
Die Kenntnis der Arten des Lautwandels hat wesentlich zur Rekonstruktion ausgestorbener Sprachen beigetragen und ist bei der Erforschung der Entwicklung lebender Sprachen unentbehrlich.
Arten des Lautwandels
Der Lautwandel wird durch zahlreiche (ganz verschiedene) Prozesse beeinflußt:
1. Assimilation:
Sicher die häufigste und wichtigste Form des Lautwandels: Ein Laut wird davon beeinflußt, wie ein benachbarter Laut ausgesprochen wird.
Beispiel: Die lateinische Akkusativform noctem (die Nacht) wurde durch die Assimilation des /k/ an das nachfolgende /t/ im Italienischen zu notte.
empfinden ist eine Kombination von ent + finden, was jedoch schwierig auszusprechen war.
2. Dissimilation:
Das Gegenteil hiervon: Ein Laut entfernt sich von der Aussprache eines Nachbarlautes
Beispiel: Das Wort Kartoffel lautete früherTartuffel. Im 17. Jahrhundert dissimilierte das /k/ von /t/. – Weitere Beispiele: mörter --> Mörtel, körder --> Köder
3. Verschmelzung
Zwei Laute verschmelzen zu einem Laut
Beispiel: Das mittelhochdeutsche /uo/ wird im Neuhochdeutschen zu /u/ ,
wie z.B. bei mhd. muoter —> Mutter oder guot —> gut
4. Schwund:
Ein Laut verschwindet völlig aus einer Sprache
5. Haplologie
Wenn ein Laut seinem Nachbarlaut sehr ähnlich ist, kann er ganz wegfallen.
Beispiel: Die weibliche Form von Zauberer hieß ursprünglich Zaubererin (Zauber + er + in) und wurde dann zu Zauberin
6. Metathese
Zwei Laute tauschen die Plätze
Beispiel: Born wird nach einer r-Metathese zu Brunnen.
7. Synkope
Ein unbetonter Vokal (meistens e) im Wortinnern fällt weg
Beispiel: lat. domina --> ital. donna.(beachte: außerdem Assimilation m --> n)
8. Apokope
wie eben, jedoch fällt ein Laut am Wortende weg (meist das auslautende –e)
Beispiel: dem Mann(e)
9. Prothese
Einfügen eines zusätzlichen Lautes am Wortanfang
Beispiel: lat. schola -> span. escuela, altfranz. escole (franz. école)
10. Epenthese
Einfügen eines zusätzlichen Lautes im Wortinneren
Beispiel: das [t] in hoffentlich